Die Ankogelgruppe mit dem Zentralort Mallnitz ist ideal für Öffi-Mehrtagestouren. Die Vielfalt der Hütten und die gute öffentliche Anbindung ermöglichen flexible Tourenplanungen. Dies hat sich bei unserer Tour, die ich hier skizziere, besonders bewährt.
Anreise nach Bad Gastein – bis spätestes 13 Uhr, damit man um circa 18 Uhr am Hannoverhaus ist. Abreise vier Tage später von Sportgastein ab 11 Uhr.
Hannes, ein langjähriger Bergkamerad, und ich steigen am Montagnachmittag von Salzburg kommend in Bad Gastein aus dem Zug. Vor dem Bahnhof warten immer Taxis (sehr praktisch – kein vorheriges Anrufen nötig). Es geht nach Böckstein und ins Anlauftal. Unser heutiges Ziel: das Hannoverhaus, auf der Südseite des Alpenhauptkamms.
Tag 1
Der Korntauernweg, eine 5000 Jahre alte Handelsroute, leitet uns, schön gestuft, durch steilen Wald in ein weites Hochtal.
Das angesagte und eintreffende (leichte) Gewitter überstehen wir problemlos unter einem riesigen Felsblock.
Als wir nach dem Sattel am Kleinen Tauernsee vorbei dem Hannoverhaus zustreben, zeigt sich sogar die Sonne.
In der Hütte treffen wir meinen Bruder mit seiner Tochter. Sie sind, von Wien kommend, zwei Stunden nach uns bis Mallnitz gefahren, in den Bus zur Ankogelbahn gestiegen und von der Mittelstation, nach Abwarten des Regens, ebenfalls zur Unterkunft gewandert.
Nach dem Abendessen besuchen wir in der Abendsonne noch das Arnold-Mausoleum.
Tag 2
Der nächste Morgen sieht uns im Nebel dem Ankogel zustreben. Die feuchte Witterung begünstigt die Begegnung mit anderen Alpenbewohnern…
Am Gipfel
entscheiden wir, statt der Überschreitung zur Osnabrücker Hütte doch lieber die Celler Hütte (Selbstversorgung) anzusteuern, da uns von dort der für morgen geplante Anstieg zur Hochalmspitze besser erscheint. Kurz vor der Hütte erwischt uns abermals ein Regenschauer. Umso willkommener ist der Ofen, der – neben dem von meinem Bruder mitgebrachten Essen – Gemütlichkeit verbreitet.
Das Vogelnest in der Leibung des einzigen Fensters der Hütte ist eine besondere Attraktion.
Tag 3
Der Mittwoch ist der einzige Tag, für den kein Regen vorhergesagt ist. Dies nützen wir mit einer 14 ½ Stunden Tour bis zur Neige aus. Zunächst geht es über den attraktiven Klettersteig (B/C) in die Lassacher Winkelscharte.
Dort deponieren wir unnötiges Gepäck und erklimmen, weiterhin mit viel Stahlseil-Kontakt, die Hochalmspitze.
Mein Bruder überrascht mich mit Sekt: Er will meinen 60. Geburtstag nachfeiern. Meiner Freude lasse ich freien Lauf, meine Rührung versuche ich zu verbergen…
Als wir auf der Scharte zurück sind, ist es bereits 15 Uhr. Da die Gießener Hütte wegen Personalmangels (!) unsere Bewerbung für die Nacht ablehnt, wenden wir uns dem Arthur-von-Schmid-Haus am Dösener See zu.
Dies bedeutet weitere Kilometer Kletterei am Detmolder Grat (C/1+)
und eine herzliche Umarmung durch die Hüttenwirtin, als wir in der Dämmerung knapp nach 21 Uhr die rettende Unterkunft erreichen.
Tag 4
Nach dem Frühstück stellen wir unter Einbeziehung der verbliebenen Kräfte und der Wettervorhersage das Programm des Donnerstags zusammen: aus dem Säuleck-Klettersteig wird ein erholsamer Spaziergang am Seeufer
und der Abstieg ins Tal. Der Vorhersage gehorchend erreichen uns pünktlich um 13 Uhr die ersten Regentropfen. Das Taxi (0664 1278579) bringt uns zum Bahnhof. Die Tochter meines Bruders macht sich auf die Heimreise, während wir uns noch zur Jamnigalm bringen lassen: der Freitag könnte wettermäßig besser werden…
Der Anstieg zur Hagener Hütte wird aus mehreren Gründen besonders einprägsam: Was an Sonne von oben fehlt, bieten die Arnikablüten: Die Alm ist ein wahres Arnikafeld in warmem Gelb!
Nachdem wir, zunächst auf der Almstraße nebeneinander gehend in guten Gedankenaustausch vertieft, im Kampf gegen Regen und Sturm (oder soll ich Orkan sagen?) siegreich die Hüttentür hinter uns geschlossen haben, gilt es, selbst die Unterhose zu wechseln…
Die Freude über das Abendessen und die schönen Gespräche mit dem Paar am Nachbartisch (ich mache unter anderem Werbung für „Bahn zum Berg“) ist umso größer.
Nach der Nacht, untermalt vom ständigen Theaterdonner des Blechdachs und der leichten Massage des sturm-vibrierenden Lagers – die zerfetzte Fahne machte je nach Böe gequält-hilflose Flatterversuche –
war uns klar: Aus dem Vorderen Geißlkopf wird nichts mehr. Für Hannes und mich bleibt nur der Abstieg. Wir entscheiden uns für Sportgastein. Mein Bruder, der die Hoffnung auf Wetterbesserung aufrecht hält und der ein oder zwei Tage länger Zeit hat, macht sich auf den Weg zur Mindener Hütte…
Kaum im Nassfeld angekommen fährt auch schon der Bus herauf, lässt eine Wandergruppe aussteigen und nimmt uns bis zum Bahnhof Bad Gastein auf. Allmählich beginnen Kleidung und Schuhe zu trocknen – und die vielen Eindrücke aus den Gesprächen und den gemeinsamen Erlebnissen lassen sich im Schatz unserer Erinnerungen nieder.
Die öffentliche Anreise bietet maximale Flexibilität: zwei verschiedene Anreisen, drei unterschiedliche Abreisen. Die vielen Hütten rund um Mallnitz ergeben tolle Möglichkeiten. Das Herzstück unserer Tour, der gesamte Detmoldergrat (siehe Titelfoto: Hochalmspitze – Säuleck) , ist wohl nicht jedermanns Sache; für ausdauernde und erfahrene Bergbegeisterte aber ist er ein Leckerbissen, der kaum zu überschätzen ist.