Im passenden Zeitfenster – die Ankogel-Bahn muss in Betrieb sein, die Buslinie von Mallnitz zur Talstation muss fahren und der Tauerntunnel muss offen sein (ist 2024 für Monate geschlossen!) – kann eine Besteigung des Ankogels von Salzburg aus als „Spritztour“ bezeichnet werden.
Wieder einmal 6:12 Uhr: Diese Zeit verheißt eine Tour in den Hohen Tauern. Viele Fahrräder werden mittransportiert, doch der nächste Wagon ist fast leer und wir können einen gemütlichen Viererplatz in Beschlag nehmen.
In Mallnitz steht der Bus mit der Nummer 5115 direkt vor dem Bahnhof. Er wartet noch den Zug, der von Süden kommt, ab. Dann geht es mit einer Reihe von Zwischenhalten im Ort zur Talstation der Ankogelbahn. Mit der ersten Gondel schweben wir in zwei Sektionen 1.355 Meter hinauf. Herrlich, die Luft auf 2.636 Metern Höhe.
Aufstieg
Knapp vor 9 Uhr starten wir unsere „Spritztour“. Meine jungen Begleiter geben das Tempo vor. Ab dem großen Steinmann, der einst den Rand des Gletschers bezeichnet haben mag, geht es ins freie Gelände. Wir suchen uns unseren Weg selbst, die frisch beschneiten Schneefelder (Reste des Lassacher Keeses, das ich in den 70er Jahren des vorigen Jahrhundert noch am Seil mit Geschwistern und Vater betreten hatte) leiten uns zur Radeckscharte.
Gruppen von GipfelaspirantInnen befinden sich am Weg zum Kleinen Ankogel. Wir folgen ihren Spuren. Der Neuschnee der vergangenen Tage haftet fest an den Felsen. Meine Snow Spicks leisten gute Dienste.
Ab dem Kleinen Ankogel liegt die Gipfelpyramide unberührt vor uns. Ich übernehme die Führung. Ein Vater mit seinem Sohn – dem Dialekt nach Kärntner – wagen unter diesen Voraussetzung den Weiterweg, und Alvaro und Johannes folgen. Mit Bedacht wähle ich die Route am mir gut bekannten Grat, schlage möglichst gute Stufen in den festen Schnee; die letzten 5 Meter direkt am Grat über die schönen Felsstufen – der Gipfel ist erreich. Es ist ¾ 12 Uhr.
Die Winterlandschaft fasziniert uns: Unten das Grün des Sommers, hier oben das makellose, strahlende Weiß des Neuschnees: Wann hat man das schon!
Abstieg
Eine kurze Rast in einer etwas windgeschützterem Gratvertiefung, dann geht es konzentriert an den Abstieg. „Gegenverkehr“ gab es keinen.
Unsere Aufstiegsspur ist bereits von anderen entdeckt worden. Meine jungen Begleiter genießen den Neuschnee auf ihre Weise, wie junge, übermütige Gämsen: Die Bob-Bahn wird nach jeder Abfahrt noch schneller.
Mehrere Möglichkeiten stehen uns für den Abstieg zur Verfügung; Alvaro meint, dass ihm die Bahn um 16:04 passen würde. Wir machen uns auf den Weg zur Mittelstation, laufen das letzte Stück, um die Gondel um 15:30 Uhr und somit den Bus um 15:40 Uhr zu erreichen. Geschafft!
Als wir durchs Drehkreuz gehen wollen stoppt es: Die Gondel ist voll.
Nun gilt es zwei Stunden zu gestalten: Wir fahren mit der nächsten Gondel hinunter, wandern zum Stappitzer See und chillen eine Stunde auf einer Bank.
Dann meldet sich der Gusto: Heidelbeer-Streuselkuchen steht auf der Tafel. „Wir haben schon geschlossen; der Kuchen ist uns ausgegangen…“ – ist die Auskunft der Wirtin. Wir schlucken das Wasser, das uns im Mund schon zusammengelaufen war, „unverrichteter Dinge“ hinunter, breiten den Biwaksack auf der Wiese aus, stellen den Wecker für 17:30 Uhr und ruhen.
Fazit
Knapp vor 20 Uhr beenden wir unsere Spritztour am Salzburger Hauptbahnhof – irgendwie ungläubig über das, was wir an winterlicher Pracht im August erlebt haben. Der Aufstieg vom Hannoverhaus auf den Ankogel ist vielfach beschrieben. Der Grat ist auch bei Sommerverhältnissen nicht jedermanns Sache (teilweise ausgesetzt, steil, splittrig, abdrängend). Bei Schneelage wird er so „richtig alpin“. Wer die Seilbahn nützt, braucht für diese „Spritztour“ in jene andere Welt von Salzburg aus nicht mehr als 12 Stunden zu veranschlagen.