Verzicht & Klimaschutz

Habe gerade diesen ORF.at Beitrag gelesen: „Alpenverein fordert Mobilitätswende„. Stimmt alles, finde ich gut und richtig.

Bemerkenswert finde ich den letzten Satz: „Schlussendlich müsse es allen Bergsportlern möglich gemacht werden, klimafreundlich unterwegs zu sein, oder sich eben manchmal im Verzicht üben, so der Österreichische Alpenverein.“

„In Verzicht üben“. Wir sollen uns in Verzicht üben. Um es kurz zu machen: Ich teile diese Ansicht. Das wiederum wird den österreichischen Alpenverein jetzt natürlich extrem bestärken, dass der kleine Martin diese Ansicht teilt und für richtig empfindet. Ist mir schon klar. Was ich eigentlich sagen will: Ich finde es gut, dass das der ÖAV sagt und dass die Seite ORF.at das postet, weil das eine Reichweite hat und es endlich einmal gesagt werden muss: Wir müssen Verzicht üben lernen.

Wobei ich ehrlich gesagt gar nicht der Meinung bin, dass das der richtige Ausdruck ist. Es hört sich für mich seltsam an, von Verzicht auf etwas zu sprechen, das uns nie zugestanden ist. Wir leben über unsere Verhältnisse. Das sieht man zum Beispiel wenn man sich die Webseite Earth Overshoot Day anschaut, oder seinen persönlichen ökologischen Fußabdruck ausrechnen lässt.

Quelle: www.overshootday.org
Quelle: www.overshootday.org

Wenn wir über das gleiche Thema sprechen, nur von einem anderen Blickwinkel, dann sind wir schnell der Meinung, dass das nicht Ok wäre wie es jetzt läuft. Beispiel: Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu verschieben. Und wenn diese Länder zu teuer werden, werden die Arbeitsplätze in noch günstigere Länder verschoben. Der Gewinn, der durch das billigere Produzieren maximiert wird, wird auch nur bedingt an den Konsumenten weitergegeben. Oder sind die iPhones jetzt super günstig geworden, weil sie super günstig produziert werden? Super günstig produzieren bedeutet in diesem Fall sogar, dass sich Leute umgebracht haben, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr ausgehalten haben. Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Verzichten müssten wir auf Raubbau und Ausnützung von Menschen, Tieren, der Umwelt.

Ich habe vorher selber meinen ökologischen Fußabdruck berechnen lassen. Ist nicht besonders niedrig. Ich rede also groß und mache es selber nicht besser. Ich werde daher jetzt aufhören hier große Sprüche zu klopfen und mir Gedanken machen was ich tun kann, was ich anders machen kann, was ich stattdessen machen kann.

„Verzichten“ kenne ich bisher zum Beispiel vom Abnehmen. Wäre bei mir, jetzt nach der unglückseligen Verquickung von Lockdown und Weihnachten, eh mehr als angezeigt. Die Erfahrung zeigt mir halt: Nur weniger zu essen genügt nicht. Ich muss schon den Hintern hochbekommen und Bewegung machen um den Bauchumfang zu reduzieren.

Ich fürchte, dass das mit dem Verzichten, um den ökologischen Fußabdruck in eine verträgliche Konfektionsgröße zu bringen, auch so funktionieren wird. Nur ein bisserl was weglassen wird nicht reichen. Ich werde wohl den Hintern hochbekommen müssen!


Wie siehst du das?

3 Kommentare

  1. Ich vermeide es normalerweise bei meiner Arbeit für Bahn zum Berg zu politisieren. Diesmal möchte ich eine Ausnahme machen. Bundeskanzler Kurz hat in einem Interview seiner Meinung Ausdruck gegeben, dass Klimaschutz ohne Verzicht möglich ist. Siehe https://orf.at/stories/3221918/.
    Ich höre aus dieser Aussage heraus: Wir machen weiter wie bisher – niemand muss etwas ändern. Durch zukünftige Technologieverbesserungen werden wir effizienter und können den Turnaround erreichen.
    Diese Vorgangsweise steht in direktem Widerspruch zu dem wofür Herr Kurz steht: Die Schuldenpolitik der SPÖ ist ihm ja sonst ein Gräuel. Sein Vorschlag weiterhin mehr Ressourcen zu verbrauchen, als nachwachsen ist aber nichts anderes als jetzt Schulden zu machen. Die Frage ist also, ob wir schnell genug Technologien finden können, die nicht nur unseren Ressourcenverbrauch so weit senken, dass wir weniger verbrauchen als nachwächst, sondern so stark senken, dass wir die „Schulden“ von vorher auch noch zurück zahlen können.
    Es gibt aber bis zu diesem zukünftigen Punkt auch Schäden, die dann nicht mehr umkehrbar sind. Wenn z.B. die Bienen ausgestorben wären, dann gibt es halt keine Bienen mehr. Wenn die Lösung dann lautet, dass wir kleine Bienenroboter bauen, die die Pflanzen bestäuben, dann frage ich mich, ob es nicht doch Sinn machen würde jetzt schon auf manche Dinge zu verzichten, damit der Zeitpunkt zu dem uns die Technologie retten wird, früher eintreten kann und wir mehr Dinge auch noch in Zukunft genießen können?

    1. Danke für deine Worte. Herr Kurz wird Vater. Interessant dass ihn nicht einmal das zum Überdenken seines Standpunktes anregt. Und ja, natürlich gehts da wieder um seine getreuen Fans, denen er damit das Gewissen erleichtert. „Vertraut mir, wir machen das schon“ Not.

  2. Wir haben als 5 köpfige Familie noch nie ein Auto besessen und sind recht Berg affin. In Wien ist das kein großer „Verzicht“. Wenn man aber viel klettern und wandern will, stellt es einen doch vor gewisse „Schwierigkeiten“. Wir machen halt „nur“ das, was wir öffentlich erreichen können. Das ist uns aber genug. Dann wird das Klettern am Peilstein halt mit einer mehr oder weniger netten Wanderung verbunden, eine Pension in der Wachau gebucht oder auf der einen oder anderen Hütte übernachtet. Es schadet halt nicht, dass der Stärkere von uns beiden bis zu 30 kilo am Rücken tragen kann (und manchmal kommt da noch das Jüngste Kind on Top auf den Schultern dazu…). Man muss schon einen gewissen Hang dazu haben, Dinge anders zu machen als die anderen und man muss es definitiv wollen. Denn ein zu kleines Ruftaxi, Busse die nicht stehen bleiben wo sie lt. Fahrplanauskunft stehen bleiben sollten etc. gehören definitiv dazu. Jetzt in Pandemiezeiten wäre es manchmal praktisch ein Auto zu besitzen, denn dann hätten wir z.B. auf den Besuch meiner Eltern zu Weihnachten nicht verzichten müssen, nachdem wie 10 Minuten im vollgestopften Skibus gefahren sind. Wir klettern, wandern und gehen Skifahren, weil es einfach klass ist in der Natur zu sein. Dann sollt ma halt auch was dafür tun, dass sie uns erhalten bleibt. Wenn man sich diverse „Durchzugsstraßenskiorte“ derzeit anschaut, merkt man, wie gut die Luft dort sein könnte. An einem Weihnachtsferientag dort nur ein einziges Auto parken zu sehen, wo sich sonst alle auf die eh schon schmalem Gehsteige schieben, ist eine absolute Sensation.

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