Die große Überschreitung vom Gimplgut zum Neuhäusl
Den Schwarzenberg (mit dem Schatteck) könnte man als den Grimming der Osterhorngruppe bezeichnen: er ist nicht durch Grate mit anderen Gipfeln verbunden; 600 bis 800 Höhenmeter überragt er die ihn umgebenden Schluchten und Talschaften und ist von der Stadt Salzburg aus gut zu identifizieren. Für Forstwirtschaft und Jagd bestens erschlossen, weist er keinen einzigen markierten Wanderweg auf, nur ein dichtes Geflecht von Rad – tauglichen Straßen, die mit entsprechenden Verbotsschildern („gilt auch für Radfahrer“) versehen sind. Ich stellte mir die Aufgabe, eine Überschreitung dieses einsamen Waldrückens zu suchen. Ordnete man den unterschiedlichen Beschaffenheiten der Wegabschnitte (Asphalt, Forststraßen stark/wenig befahren, Wiesenweg, Zugweg, alpines Steiglein, weglose Passage) je eine Farbe zu, so ergäbe sich eine bunte, 13 Kilometer lange Schlangenlinie.
Schon die Anreise ist ein Erlebnis: Einige Tage zuvor hatte ich für diese Unternehmung zum ersten Mal das Tennengau Shuttle (https://salzburg-verkehr.at/tennengau-shuttle/; Tel.: 0662 265500) über die App gebucht. Aufregung: Wird alles klappen?
Kaum verlasse ich die S-Bahn Haltestelle Puch Urstein (gemeinsam mit einer Schar Studierender der FH) kommt auch schon der Kleinbus. Die junge Chauffeurin bringt mich auf einspurigen Straßen an eine Ort, wo sich Fuchs und Hase „Guten Morgen“ sagen (gratis mit dem Klimaticket). Mein schlechtes Gewissen ob dieses Luxus´ beruhige ich mit einem kleinen Trinkgeld.

Es ist Anfang April. Das Gimplgut liegt so idyllisch, dass mich das Gefühl beschleicht in die Privatsphäre der Bauernhöfe einzudringen. Außer einem Chor von Vogelstimmen ist nichts zu hören und niemand zu sehen.

Auf Asphalt (Farbe Farblos) geht es leicht bergab, durch einen Bauernhof hindurch und über einen Wiesenweg (Farbe Grün) an den Waldrand.

Der Weg führt zu einer Hütte im Wald (mit auffällig rotem Dach).

Schon vorher zweige ich auf einen Zugweg (Farbe Blau) ab, der mich unter der 380 kV Leitung hindurch über eine Weide bergan führt. Nach einer halben Stunde erreiche ich einen zauberhaften Wiesenfleck (Darf man nach einer halben Stunde schon rasten?).

Nun geht es durch einen Baumstreifen auf die Forststraße (Farbe Braun). Diese führt unter dem wenig ausgeprägten Schatteck mit schönem Blick in den Flachgau hinüber in einen Sattel.

Abermals wechselt hier die Farbe, sagen wir auf Rot: für 450 Höhenmeter folge ich nun der Schneise und den Grenzsteinen bis zum Gipfel. Ein Überraschung bietet ein altes Kreuz: J.S. Bach war gerade ein Jahr alt!

Diese Passage kann nicht als schön bezeichnet werden, inmitten all der abgestorbenen Fichten, die nur darauf warten, beim nächsten Sturm oder schweren Schnee umzubrechen; Folgen von Klimaüberhitzung und Borkenkäfer etc.

Das Schöne ist, dass der Pfad durch alle Unwegsamkeiten hindurch findet und ab 1.200 Metern zu einem netten Gratsteiglein (Farbe Gelb) wird. Bald ist die Gipfelwiese erreicht.
Wenn auch der Gipfel bewaldet ist, so ergeben sich dennoch schöne Blicke von den Riesen des Berchtesgadener Landes über die Osterhorngruppe hinüber zu den Seen des Flachgaus. Bis hierher zwei Stunden, Rast.

Für die erste Etappe des Abstiegs halte ich mich möglichst entlang der flachen „Gratschneid“ (Gelb, dann Rot), teils mit freiem Blick (Titelfoto – Blick zum Gaisberg), teils im Wald. Ich gelange ans Ende einer Forststraße (Braun), die ich nur wenige Meter bergab gehe, um gleich wieder rechts in den Wald auf einen wiesenbewachsenen Zugweg (Blau) abzuzweigen, der nach 100 Höhenmetern erneut bei einer Forststraße endet.

Diese wenig befahrene Straße mündet in eine viel befahrene und führt – nun asphaltiert (!) – zur nahen Jagdhütte (Schwarzenberghütte, erbaut 1970, ca. ½ Stunde vom Gipfel).

Noch ein paar Minuten farblos am Asphalt bergab, dann aber wieder Braun (Forststraße) in einem weiten Bogen um den Berg herum, mit dem einen oder anderen netten Tal- oder Fernblick.


Schließlich erreicht man die kleine Jagdhütte (erbaut 1951; ca. eine Stunde ab Schwarzenberghütte), die zum Verweilen einlädt (mit Wassertrog hinter der Hütte).

Nun kann man sich der Entscheidung nähern, zu welcher Zeit man bei der Haltestelle Ebenau Neuhäusl in den Bus steigen will (NICHT am Sonntag!). Etwa eine ¾ Stunde vorher sollte man aufbrechen. Zunächst gilt es, die 80 Höhenmeter weglose Passage (Orange – punktiert) zu wagen.

Am besten steigt man dort ein, wo die Zufahrt zur Jagdhütte vom Forstweg abzweigt, und hält sich von dort im gut begehbaren, wiesenbewachsenen Hochwald an der rechten Begrenzung des kleinen Wasserlaufs bergab. Jenseits der kleinen Wasserrinne beginnt ein grasbewachsener Zugweg (Blau), der, abermals eine Forststraße querend, ins Tal führt.


Oberhalb der Häusergruppe „Am Schwarzenberg“ kann man, ist man zu früh dran, auf einem Bankerl noch eine Pause einlegen, bevor man die letzten kaum 10 Minuten auf Asphalt zur Busstation spaziert.


Der Bus 154 braust so selbstbewusst daher, als wäre sowieso mit keinem Fahrgast zu rechnen, bremst sich dann aber ein, und nimmt mich – tatsächlich als einzigen – mit zur Sperrbrücke Koppl, von wo mich Bus 155 zurück nach Salzburg bringt.

Der entscheidende Pluspunkt dieser großen Überschreitung liegt in der Einsamkeit dieses wenig besuchten Berges. Wer Neuland betreten will und wen eine kurze weglose Passage und etwas verwachsene Steige nicht schrecken, dem könnte diese Schlangenlinie – incl. der vielen Schmetterlinge und der Vögelchöre – einen farbenfrohen Tag bereiten.