Zur Feier, dass die Station „Hinternaßwald“ weiterhin mit dem Bus angefahren wird (das war zwischendurch einmal in Frage gestellt), haben Veronika und ich beschlossen, eine weitere Tour (nach der Wildfährte Ende Mai) von dort aus zu gehen: Rax und Schneealpe sind von Hinternaßwald gleichermaßen gut zu erreichen.
Zusätzlich hat mich Simon Welebil von Radio FM4 vorige Woche angeschrieben, ob wir ihm nicht ein Interview zum Thema „Öffentliche Anreise & Wandern“ geben möchten. Sein Vorschlag war, uns auf einer Tour zu begleiten und dabei zu interviewen.
Das haben wir gleich kombiniert und die erste Radiointerview-Bahn-zum-Berg-Wanderung über das Zahme Gamseck auf und über die Rax daraus gemacht.
Vor dem Bahnhofsgebäude in Payerbach-Reichenau fahren verschiedene Buslinien ab – wir nehmen die Linie 1746 Richtung Rohr im Gebirge nach Hinternaßwald.
Im Bus erzähle ich Simon, dass die Linie nach Hinternaßwald wegen der Engstelle fast eingestellt worden wäre und dass wir, als Verein „Bahn zum Berg“, Öffi-Wanderer mobilisiert haben, die Sinnhaftigkeit dieser Strecke darzustellen. Diese Bemühungen waren von Erfolg gekrönt: Der Verkehrsverbund Ost-Region hat mittlerweile die Zufahrt nach Hinternaßwald wieder in den Fahrplan aufgenommen.
Bei der Durchfahrt, als die Felswände rechts und links wenige Zentimeter vom Fensterglas vorbei gleiten, während der Buslenker den langen Bus im langsamsten Schritttempo durchfädelt, verstehen wir alle, warum die Betreiberfirma diese Stelle lieber nicht mehr durchfahren würde: Ein kleiner Fehler und der massige Bus drückt sich selbst ein Fenster ein, reißt sich einen Seitenspiegel ab, etc.
Unser Busfahrer weiß, was er tut, und bringt seinen Bus langsam, souverän und ohne Schäden durch die enge Felsenstelle und uns kurz darauf zur Wendestelle Hinternaßwald.
Zeitplan
Die folgende Tabelle zeigt, wie groß das verfügbare Zeitfenster für diese Tour von der Ankunft in Hinternaßwald bis zur Abfahrt des letzten Busses am Preiner Gscheid ist.
Dass die Wanderung über das Zahme Gamseck zeitlich problemlos möglich ist, haben wir ja hier ausgetestet. Damit dir aber bewusst ist, wann der letzte Bus fährt, gibt es diese Übersicht.
Wochentage | an Hinternaßwald | ab Preiner Gscheid | Zeitfenster | |
---|---|---|---|---|
Fahrplan bis 5.7.2020 | Mo – Do | 9:22 | 17:00 | 7h 38min |
Fr | 8:57 | 17:00 | 8h 3min | |
Sa – So | 8:57 | 18:02 | 9h 5min | |
Fahrplan ab 6.7.2020 | Mo – Fr | 9:46 | 17:20 | 7h 44min |
Sa – So | 9:15 | 16:58 | 7h 43min |
Interview in drei Teilen
Bevor wir losgehen, möchte Simon gerne mit dem Interview starten. Er erklärt uns den Ablauf und dass er drei Teile vorgesehen hat: Den ersten jetzt zu Beginn, den zweiten am Gipfel und den dritten Teil nach dem Großteil des Abstiegs im Waxriegelhaus.
Er hat sich in seinem Büchlein Fragen notiert und stellt uns diese abwechselnd: „Was ist der Unterschied zwischen der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem Auto?“, „Was sind die häufigsten Vorbehalte gegen eine Anreise mit Bahn und Bus?“, „Warum haben wir „Bahn zum Berg“ gegründet?“ – um ein paar beispielhaft aufzuzählen.
Seiner Bitte, in kurzen Sätzen zu antworten, nehme ich mir vor zu entsprechen, scheitere aber nach eigenem Ermessen fulminant. Naja, er ist in seinem Job ein Profi und wird meine Unendlich-Sätze schon zusammenschneiden.
Am Ende müssen aus 30 Minuten Interview 2:30 Minuten Radiobeitrag werden.
Zahmes Gamseck
Nachdem wir den ersten Interviewteil abgeschlossen haben, gehen wir gegen 10:00 los, die Reißtalstraße hinein, durch die kurze Reißtalklamm bis zum Rehboden, einer großen Wiese, auf der die Materialseilbahn des Habsburghauses steht.
Vor der Seilbahn biegen wir rechts ab, um entlang der gut markierten Strecke den Nassriegel im Wald aufzusteigen. Vom Bus bis zum Nasskamm hinauf legen wir 500 Höhenmeter zurück.
Am Nasskamm angekommen, wenden wir uns – wie auf dem Wegweiser angegeben – nach links. Wir folgen einer Forststraße, die sich bald verzweigt.
Hier enden die Markierungen und der neue Straßenabschnitt beginnt. Wir wählen die obere Straße, die sich bald wieder mit der unteren vereinigt, und folgen dieser bis auf etwa 1300m Seehöhe.
Etwa 50m nach einer Linkskehre wenden wir uns scharf nach rechts, ab hier können wir nun endlich dem alten Wanderweg folgen.
Als wir zur Gamseckhütte kommen, denke ich mir, wie malerisch es hier ist. Direkt hinter der Gamseckhütte äst dann auch noch eine Gams. Das ist jetzt schon ein bisserl kitschig.
Die Gämse steht ganz nahe an unserem Weg – schaut uns zwar aufmerksam an, macht aber keinerlei Anstalten zu flüchten. Wir filmen und fotografieren sie dankbar und exzessiv.
Kurz nach der Gamseckhütte steilt es etwas auf, bevor wir auf den Gupfsattel kommen und die Baumgrenze damit hinter uns lassen.
Von Hinternaßwald bis auf den Gupfsattel hinauf, gehen wir etwa 2 Stunden.
Ab jetzt ist das Zahme Gamseck felsig: Geröllfelder wollen gequert werden, der Steig ist schmal und ausgesetzte Stellen nehmen zu. Die versicherten Passagen dominieren den Wegverlauf.
Das Zahme Gamseck ist als Klettersteig der Schwierigkeit A eingestuft. Eine Verwendung eines Klettersteigsets ist daher für trittsichere Personen im Normalfall nicht notwendig. Was mir allerdings als sinnvoll erscheint – wenn viele Leute unterwegs wären: Ein Helm. Das lose Geröll kann als Steinschlag von oben unangenehm sein.
Kleinere Kinder würde ich persönlich an ein Sicherungsseil nehmen und sie sich zusätzlich selbst über eine Bandschlinge und einen Karabiner sichern lassen. Warum selbst noch einhängen lassen? Weil ich unter allen Umständen vermeiden möchte, dass ich mein Kind im schlimmsten Fall mitreiße.
Bis zum Ausstieg aus dem Zahmen Gamseck und damit auf das Hochplateau der Rax vom Gupfsattel brauchen wir ziemlich genau 1 Stunde.
Dort machen wir eine kurze Rast und den zweiten Interviewteil.
Bis zum höchsten Punkt der Rax, der Heukuppe (2007m) gehen wir von hier aus nur mehr 30 Minuten.
Von Hinternaßwald bis hier auf den Gipfel der Heukuppe waren wir 4 Stunden unterwegs. Hätten wir die Pause am Ausstieg des Zahmen Gamsecks hier herauf verlegt, wären es 3,5 Stunden gewesen.
Da wir eh gerade erst gerastet haben und am Gipfel ein unangenehm kalter Wind weht, machen wir nur schnell die obligatorischen Gipfelfotos – ich ziehe extra alle meine Oberschichten bis auf mein „Bahn zum Berg“ Shirt wieder aus, als Simon uns für die FM4-Webseite fotografiert. Ich hoffe, er verwendet das Bild dann auch, für das ich fast eine Lungenentzündung riskiert habe 😉
Sympatischerweise werden wir durch Simons Gipfelschnapserl (ein „Siaßal“ aus seiner Heimat Tirol) wieder gut aufgewärmt.
Für den Abstieg zum Karl-Ludwig Haus (das erst ab dem 5.6.2020 wieder öffnet) brauchen wir etwa 25 Minuten.
Abstieg über den Schlangenweg
Beim Karl-Ludwig Haus halten wir uns nicht weiter auf, sondern gehen gleich über den Schlangenweg hinunter. Unser Ziel ist das Waxriegelhaus, wo wir einkehren wollen.
Wir rechnen eine Stunde von der Abfahrt des Busses vom Preiner Gscheid zurück – das ist die Zeitdauer, die wir uns (mit großzügigem Puffer) für den Abstieg vom Waxriegelhaus zur Bushaltestelle am Preiner Gscheid geben.
Davor wollen wir eine Stunde in der Hütte gemütlich rasten und den dritten Teil des Interviews führen.
Wir gehen den Schlangenweg recht zügig hinunter und brauchen von Karl-Ludwig Haus zum Waxriegelhaus nur etwa 45 Minuten.
Unserem Plan ensprechend, essen wir gemütlich etwas und absolvieren dann den dritten Teil des Interviews. Eine Stunde vor Abfahrt unseres Busses gehen wir los, ohne uns groß zu beeilen.
Dafür, dass heute Donnerstag ist, steigen recht viele Menschen hier am Preiner Gscheid ein, finde ich. Wenn ich richtig gezählt habe sieben. Gut, überfüllt ist der Bus damit noch nicht – aber immerhin nutzen offensichtlich auch unter der Woche Wanderer diese Verbindung zum Bahnhof Payerbach-Reichenau.
Tourdaten
Fazit
Veronika sagt über den heutigen Tag: „Diese Tour war wieder einmal extrem lässig: die Kombination aus traumhafter Landschaft (die bizarren Felsszenerien auf dieser Seite der Rax sind faszinierend), dem für mich fordernden Anstieg, einfachen Wegen am Plateau und im Abstieg, gschmackiger, freundlicher Einkehr, in Begleitung von netten und interessanten Menschen – und mein erstes Radiointerview on top!“
Da hat sie recht, find ich.
Link
Radio FM4 „Bergtouren mit Öffis, geht das?„
Danke für den Tipp! Bei der Hainfelder Hütte war ich im Winter einmal. Im Sommer schaut es sicher ganz anders aus.
Danke für den Hinweis! Habe ich ausgebessert!
9:05 bis 16:58 sind 7h53min, nicht 6h53min. Wobei der Routenplaner die Ankunft in Hinternaßwald (zumindest für 11.7.2020 oder 12.7.2020) jeweils mit 9:15 und nicht 9:05 angibt, das wären dann 7h43min Zeitfenster.
Als Nicht-Autofahrer ohne Kenntnisse der Möglichkeit mit den Öffis anzureisen, habe ich bereits im Voraus auf die eine oder andere Tour verzichtet und sind stattdessen mit dem Rad von St. Pölte, Krems, Tulln durch die diversen Täler geradelt (mit Tochter 13)
Per pedes ging sehr wenig…
Vorschlag wäre von Hainfeld (Zug von St. Pölten zu marschieren (Ara Burg, Hainfelder Hütte Lilienfeld etc)
Das ist auch als Kombi mit Rad sehr zu empfehlen.