Ein Tag Urlaub. Die Wetterprognose verspricht prachtvolles Herbstwetter; ab Mittag soll Südföhn aufkommen. Am frühen Nachmittag habe ich im Raum Mürzzuschlag einen Familientermin. Da bietet es sich doch förmlich an, auf der Anreise in die Obersteiermark einen vormittäglichen Abstecher in die Berge zu machen.
Meine Anreise
Ein passendes Ziel – nicht zu weit von der Südbahnstrecke entfernt und gut an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden – ist schnell gefunden.
Denn zum Glück gibt es unter der Woche (an Schultagen) eine Frühverbindung ins Höllental. Und früh ist diese Verbindung im wahrsten Sinn des Wortes – aber wenn der Berg ruft, fällt mir das Aufstehen nicht schwer. Auch dann nicht, wenn der Wecker, so wie heute, schon kurz vor 4 Uhr läutet.
Eine Stunde später steige ich in Wien Meidling in den Regionalzug ein, der von hier um 4:56 Uhr nach Payerbach-Reichenau abfährt (an 6:10 Uhr). Ein zeitweiliges Einnicken auf der Fahrt ist erlaubt, man wird ja chauffiert, und die Nacht war kurz. Nur ganz tief einschlafen sollte man eher nicht, denn sonst kann es passieren, dass man nach der Ankunft in Payerbach-Reichenau schon bald wieder nach Wien zurückfährt. Von Payerbach geht es mit dem Bus um 6:30 Uhr (Richtung Rohr im Gebirge) weiter zum Weichtalhaus. Hier treffe ich um 6:46 Uhr planmäßig ein.
Spätere Anreise: Natürlich muss man für diese Tour nicht unbedingt so früh aufstehen wie ich! Gute zwei Stunden länger schlafen kann man, wenn man mit der zweiten Verbindung des Tages ins Höllental reist: Abfahrt mit dem Zug von Wien Meidling um 7:16 Uhr, Busankunft beim Weichtalhaus um 9:03 Uhr. Eine spätere Rückfahrt ab Hirschwang Raxseilbahn Richtung Payerbach und weiter nach Wien stellt ebenfalls kein Problem dar: Unter der Woche gibt es an schulfreien Tagen fünf, an Schultagen sogar sieben Nachmittagsverbindungen.
Leider konnten wir innerhalb der nächsten 6 Tage keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Landshut zu dieser Tour für dich finden.
Zustieg
Die Wetterbedingungen sind perfekt, genauso wie vorhergesagt – wolkenloser Himmel, windstill, und bereits in den Morgenstunden durchaus angenehme Temperaturen.
Über die Schönbrunnerstiege wandere ich, wie schon so oft, ins Große Höllental hinein. Die Abzweigungen zum Hoyossteig, zur Teufelsbadstube und zum AV-Steig bleiben rechts bzw. links liegen. Mein Weg führt mich zum Gaisloch hinauf.
Nach dieser Halbhöhle ist eine versicherte, aber technisch unschwierige, jedoch etwas ausgesetzte (und wegen eines Rinnsals immer feuchte) Passage zu bewältigen. Dann folgt wieder Gehgelände, und es dauert nicht lange, bis ich nach links abbiege, in Richtung Gustav-Jahn-Steig. Beim Einstieg des Steiges mache ich Pause, es ist Zeit für ein zweites Frühstück, das erste habe ich im Bus zu mir genommen.
Rückblende: Zwei Tage zuvor bin ich auch schon hier beim Einstieg des Jahn-Steiges gestanden. Nach nächtlichen Regenfällen war der Klettersteig allerdings nass und so disponierte ich vorsichtshalber auf den Ho Chi Minh-Pfad um. Der geheimnisumwitterte Name dieses Steiges spielt auf die Vietcong-Krieger an, die den Amerikanern im Vietnamkrieg zwar waffentechnisch unterlegen waren (wiewohl sie von den Russen unterstützt wurden), wegen ihrer Ortskenntnis im undurchdringlichen Tropenwald letztlich aber die Oberhand behielten. Hier ist es das gleichermaßen undurchdringliche Latschendickicht der Rax-Hochfläche, durch das es für Wissende aber doch ein – sogar sehr bequemes – Hindurchkommen gibt. Und es ist nicht schwer, ein Wissender zu werden, sofern man bei der Dirnbacher Hütte die Augen ein bisserl offen hält. Und wenn man schon in der Gegend ist, sollte man auch einen Blick in den Schlund der – besonders geschützten – Eishöhle werfen.
Gustav-Jahn-Steig
Am heutigen Dienstag hingegen passen die Verhältnisse für den Gustav Jahn-Steig. Genauer gesagt, idealer könnten sie kaum sein.
Insgesamt benötige ich vierzig Minuten für die Begehung des Steiges, der genau unterhalb des Söldnerwandls in den Alpenvereinssteig mündet. Von mir aus hätte das Klettervergnügen gerne auch länger dauern dürfen!
Beim Ein- und Ausstieg ist der 2012 neu versicherte Jahn-Steig auf Wegtafeln mit der Schwierigkeitsstufe „B“ bewertet, in der Literatur hingegen zumeist mit „B/C“. Beide Einstufungen sind meiner Meinung nach vertretbar, wobei ich persönlich im Vergleich mit anderen Steigen zu „B/C“ tendieren würde. Wie auch immer, der Jahn-Steig erfordert absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie eine vollständige Klettersteigausrüstung.
Über den oberen AV-Steig erreiche ich die Höllentalaussicht am Rand des Raxplateaus. Ein idealer Platz für eine Pause! Ich genieße die Aussicht zu den Nachbarbergen, vor allem natürlich zum dominanten Schneeberg, und ebenso die Blicke ins tief unter mir liegende Große Höllental, durch das ich erst vor wenigen Stunden bergwärts gewandert bin.
Dann geht es auf bequemen Wegen über die Hochfläche zum Praterstern hinüber.
Erste Seilbahnwanderer kommen mir entgegen…
…später werden es immer mehr; kein Wunder bei dem herrlichen Wetter. Meine Tour hingegen neigt sich bereits ihrem Ende zu.
Um 11:15 Uhr treffe ich bei der Bergstation der Raxseilbahn ein.
Talfahrt mit der Raxseilbahn
Mit der Gondel um halb zwölf schwebe ich als einziger Fahrgast talwärts – auch hier macht sich der frühe Aufbruch bezahlt. Weniger bequem werden es da die Ausflügler haben, die mit „meiner“ Gondel auf die Rax hinauffahren wollen, denn es sind doch einige Dutzend Menschen, die auch jetzt noch auf die Bergfahrt warten. Ich hoffe, dass der Südföhn, der inzwischen eingesetzt hat, am Nachmittag nicht zu stark wird und damit ihr Bergerlebnis entscheidend trübt. Denn nicht wenige Ausflügler sind doch recht sommerlich gekleidet und ohne Rucksack unterwegs, in dem Jacke, Haube und Handschuhe sein könnten…
Fünf Minuten vor zwölf steige ich bei der Talstation der Raxseilbahn in den Bus Richtung Bahnhof Payerbach-Reichenau ein, den ich eine Viertelstunde später erreiche. Fahrschein brauche ich dafür keinen, denn am heutigen 22. September wird seit einigen Jahren der „Autofreie Tag“ begangen, und der Einzelfahrschein, den ich in der Früh gelöst habe, gilt als Tageskarte. Eine nette Geste!
Mit dem Regionalzug um 12:36 Uhr reise ich weiter nach Mürzzuschlag, wo ich pünktlich um 13:21 Uhr eintreffe. Die überaus schönen Eindrücke einer perfekt „aufgegangenen“ halbtägigen Bergtour klingen noch länger sehr angenehm in mir nach…
Will man nach Wien zurückfahren, so reist man von Payerbach-Reichenau um 12:24 Uhr mit dem Regionalzug nach Wiener Neustadt und weiter mit dem Railjet nach Wien Meidling, an 13:27 Uhr. Oder man lässt sich auf der Wanderung eine halbe Stunde länger Zeit und fährt mit der 12 Uhr-Gondel ins Tal. Dann nutzt man die folgende Verbindung: Bus ab Hirschwang Raxseilbahn um 12:30 Uhr, Zug ab Payerbach-Reichenau um 12:54 Uhr, nach Wiener Neustadt, weiter mit dem Eurocity, ab 13:32 Uhr, nach Wien Meidling, an 13:56 Uhr.
Tourdaten
Alternative AV-Steig: Wer mehr Klettermeter machen möchte als auf der oben beschriebenen Route, steigt nicht übers Gaisloch, sondern über den unteren AV-Steig auf und begeht dann den Jahn-Steig in der Gegenrichtung. Vom Ausstieg des Steiges gelangt man auf markierten Wegen zum Praterstern (dabei Abstecher zur Höllentalaussicht möglich) und weiter zur Bergstation der Raxseilbahn.
Hallo Peter,
hier ist der Hasan Alpman aus Berlin Schöneberg.İch hoffe,dass du dich an mich erinnerst
Ich wäre bisher gar nicht auf die Idee gekommen, dass es möglich ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln schnell einen Vormittag auf den Berg zu gehen. Habe das bisher nur mit dem Auto gemacht.
Wie du bewiesen hast, ist das aber problemlos möglich. Danke für den super Beitrag Peter!
@alle: Mehr solche Touren findet ihr in Peters Buch – siehe https://www.bahn-zum-berg.at/tipps-tricks/empfehlung-wanderbuch-mit-bahn-und-bus/