Gesäusewanderung – steil & ausgesetzt

Es gibt leichte Kletterstellen

Zwei Nächte und eineinhalb Tage im Gesäuse, mit Übernachtung im Tal und am Berg, Almwanderung und freier Kletterei bis zum II. Schwierigkeitsgrad. Über der Baumgrenze hatten Auf- und Abstieg aufs Hochtor jedenfalls Eines gemein: steil und ausgesetzt.

Schon länger lockt das Gesäuse, es wieder mal zu besteigen. Diesmal möchte ich auf der Heßhütte übernachten, den Gipfel des Hochtors bezwingen und am Samstagabend auf eine Party gehen. Wie bringe ich das jetzt alles unter einen Hut?

Mein Plan fügt sich schließlich zu folgendem Ablauf zusammen:

  • Anreise am Donnerstag, nach der Arbeit. Übernachtung im Tal.
  • Gipfelbesteigung am Freitag. Übernachtung am Berg.
  • Am Samstag Abstieg ins Tal. Heimfahrt. Todmüde zur Party in Wien.
  • Sonntag: Ausschlafen.

Glücklicherweise lassen sich Laura und Didi davon überzeugen, dass dies eine gute Idee ist.

Am späten Nachmittag kommen wir in Johnsbach an.

Gasthaus Ödsteinblick

Im Gasthaus Ödsteinblick essen wir zu Abend, bevor wir früh ins Bett gehen, um beim ersten Hahnenschrei aufstehen zu können.

Pro Person kostet uns Abendessen, Übernachtung im Dreierzimmer und Frühstück EUR 55,-.

Wir haben uns am Abend extra vorgenommen, gleich um 7:30 zum Frühstück zu gehen. Schon kurz nach 8:30 sitzen wir dann wirklich beim Buffet 🙂 Dementsprechend brechen wir dann erst nach 9:30 auf und gehen die Asphaltstraße Richtung Osten entlang. Es ist nur ein kurzes Stück. Gleich nach dem Kölbwirt (eine Übernachtungsalternative) biegen wir nach links in die Botanik ab.

Vom Gasthaus Ödsteinblick zum Kölblwirt
Vom Gasthaus Ödsteinblick zum Kölblwirt

Schneelochweg

Wenige Minuten nach dem „Parkplatz Heßhütte“ sieht man gleich einmal rechts neben dem Weg einen Wasserfall. Das ist nicht nur schön anzuschauen, sondern verspricht auch genug Wasser für den Aufstieg. Das ist heute umso wichtiger, weil es schon jetzt in der Früh warm ist und es heute wohl noch heißer werden wird. Später werden wir, an einer Quelle kurz nach der Baumgrenze, wirklich noch einmal die Wasserflaschen auffüllen.

Wasserfall
Wasserfall

Zu Beginn führt der Weg allerdings noch im Schatten der Bäume dahin.

Waldanstieg
Waldanstieg

Später kommen wir aus dem Wald heraus und sehen den Gipfel des Hochtors das erste Mal.

Erster Blick auf das Hochtor
Erster Blick auf das Hochtor

Nach etwa 1,5 Stunden Gehzeit erreichen wir die Weggabelung, an der es links auf das Hochtor hinauf geht und rechts zur Heßhütte. Wer keine Kletterstellen mit Schwierigkeitsgrad I bis II frei klettern kann oder möchte, wählt den Weg nach rechts zur Heßhütte. Wir können II frei klettern, wissen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht, dass das notwendig sein wird. Jemand, der Tourenberichte schreibt, liest sich ja vorher keine Tourenberichte durch. Das wäre ja widersinnig, oder? Ich muss allerdings zugeben, dass nicht alle meine Begleiter diese Ansicht teilen. Wenigstens Didi stört meine selektive Leseschwäche nicht.

Almwanderung unter der Baumgrenze
Almwanderung unter der Baumgrenze

Während wir höher steigen, rätseln wir, wo der Weg wohl hinaufführen mag. In den grauen Felsen können wir weder Steigspuren noch Markierungen erkennen, die etwas weiter weg sind. Es ist – trotz herrlicher Sichtverhältnisse – ein bisschen wie Fahren auf Sicht im Nebel: Nur die nächsten zwei, max. drei Markierungen weit ist der Weg vorne zu sehen.

Über der Baumgrenze steilt es dann deutlich auf
Über der Baumgrenze steilt es dann deutlich auf

Hochtor

Es gibt ein paar Kletterstellen – wie vorher schon erwähnt – die für uns bergauf keine große Herausforderung darstellen. Es sind Ier und IIer Stellen, die gut zu gehen sind. Ich muss allerdings ehrlich sagen, dass ich froh bin, dass wir hier hinauf unterwegs sind und nicht bergab. Hinunterzuklettern würde ich persönlich nicht entspannend empfinden.

Einmal muss ein tiefer Spalt über einen Klemmblock überschritten werden, zu dem man zuerst hinuntersteigen, drübergehen und dann wieder hinaufsteigen muss. Der Spalt ist aber nicht wirklich breit, weshalb das Unsicherheitsgefühl bei dieser Brücke auch nicht Überhand nimmt.

Der obere Teil ist immer wieder zum kraxeln
Der obere Teil ist immer wieder zum kraxeln

Vom Kölblwirt aus ist der Gipfel des Hochtors mit 4,5 Stunden Gehzeit angeschrieben. Das ist natürlich ohne Pausen gerechnet, meiner Meinung nach nicht einfach zu schaffen.

Wir sind nach der angegebenen Zeit von 4,5 Stunden – aber inklusive Pausen – auf 2.000m Seehöhe. Der Gipfel liegt auf 2.369m Seehöhe. Für die letzten 370 Höhenmeter brauchen wir fast 1,5 Stunden!

Letzter Anstieg vor dem Gipfel
Letzter Anstieg vor dem Gipfel

Nach etwas mehr als 6 Stunden (Gehzeit + Pausen) kommen wir nach 1.500 Höhenmetern am Gipfel des Hochtors an. Da wir nicht mehr ganz absteigen müssen, sondern heute „nur“ mehr zur Heßhütte müssen, bleiben wir eine Stunde am Gipfel. Ganz allein – niemand außer uns ist oben.

Gipfel Hochtor
Gipfel Hochtor

Schließlich machen wir uns dann aber doch wieder auf den Weg – den Josefinensteig.

Josefinensteig

Der Josefinensteig ist eigentlich ein Klettersteig der Schwierigkeit B. Über weite Strecken ist er mit einem Stahlseil versichert, aber nicht überall. Wir gehen ihn im Abstieg. Ich empfehle Handschuhe.

Abstieg direkt nach dem Gipfel und vor dem Guglgrat
Abstieg direkt nach dem Gipfel und vor dem Guglgrat

Nach dem kurzen Abstieg vom Hochtor beginnt eine lange Querung am, bzw. unter dem Guglgrat. Ganz vorne wechseln wir von der Westseite auf die Ostseite hinüber und sehen damit die Heßhütte fast den ganzen Abstieg lang vor uns.

Der Josefinensteig ist mit Stahlseilen versichert, das ist mir der Abstieg deutlich sympatischer, als wenn ich die Strecke unversichert abklettern müsste. Mich am Seil mit einer Hand festhalten zu können, gibt mir ein höheres Sicherheitsgefühl.

Im teilweise versichertem Josefinensteig
Im teilweise versichertem Josefinensteig

Tipp: Ein Helm ist wegen des Steinschlags im Auf- und im Abstieg eine gute Sache!

Wir kommen schließlich nach 2,5 Stunden Abstieg in der Heßhütte an.

Heßhütte

Um 19:30 checken wir in der Heßhütte ein. Da erfahre ich gleich einmal, dass die Küche bis 20:00 geöffnet ist und wir daher gleich etwas bestellen sollen. Das System auf der Heßhütte: man bezahlt alles sofort: Die Zimmer mit Frühstück, das Abendessen, jede Getränkerunde – immer sofort und in bar. Nicht, dass das schlecht wäre – ich habe es in dieser Form bisher halt noch nirgendwo sonst erlebt. Da wirklich viele Leute auf der Heßhütte schlafen, kann ich mir vorstellen, dass so ein System jedenfalls effektiv, wahrscheinlich auch effizient ist.

Nach dem Abendessen gehen wir recht bald schlafen, Didi und ich trinken nur zwei Runden Zirbenschnaps.

Heßhütte vom Josefinensteig aus
Heßhütte vom Josefinensteig aus

Das Frühstücksbuffet ist für eine große Anzahl Übernachtungsgäste gemacht und enthält alles, was man sich wünschen kann. Mir wird bei dessen Anblick klarer, weshalb die Wirtsleute der Heßhütte etwa 1,5 Tonnen Lebensmittel pro Monat per Hubschrauber geliefert bekommen.

Wasserfallweg

Von der Heßhütte führt zuerst ein steiler Abstieg die erste Geländekante hinunter, dann geht es moderat fallend weiter bis zum Einstieg in die oberste Leiter. Bis dorthin gehen wir etwa 45 Minuten.

Einstieg in die oberste Leiter des Wasserfallwegs
Einstieg in die oberste Leiter des Wasserfallwegs

Ich persönlich bin ja kein Freund von Eisenleitern. Soviel vorausgeschickt. Im Aufstieg vor einigen Jahren waren sie mir nicht so unangenehm wie jetzt, im Abstieg. Mein Problem mit solchen Eisenleitern ist, dass sie rostig sind und wackeln. Ich warte eigentlich nur darauf, dass die x-te Schaukelbewegung jene ist, die das Material an einer der vielen Stellen, die von einem herabfallenden Stein getroffen wurde, brechen lässt. Während ich drauf bin. Mit solchen Bildern im Kopf steige ich völlig unbelastet von rostiger Sprosse zu rostiger Sprosse.
Auch die abdrängende Felswand ist im Abstieg lästiger als im Aufstieg. Was mir „leider“ verwehrt bleibt ist, dass mir jemand heraufsteigend entgegenkommt, während ich absteige. Das würde mich psychisch belasten, während ich mir die physische Belastung der rostigen Stiege durchrechne. Passiert aber glücklicherweise nicht.

Was ich unglaublich finde ist, dass der Wasserfallweg schon im Jahr 1891 errichtet wurde. Was waren das für Leute, die sich überlegt haben, einen Haufen Eisenleitern übereinander an den Felsen schrauben, um die Fallstrecke eines Wasserfalls zu überwinden?

Schon 1891 wurde der Wasserfallweg erbaut!
Schon 1891 wurde der Wasserfallweg erbaut!

Ab dem Fuße des Wasserfalls ist der Abstieg durchgängig ungesichert und wird immer flacher.

Von der Heßhütte bis zum Parkplatz Kummerbrücke brauchen wir etwas mehr als 2 Stunden. Wir haben noch genug Zeit, um uns umzuziehen und zu jausnen bis der Bus 912 kommt und uns nach Liezen zum Bahnhof bringt.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   2 Tage Klettersteig   1.600 HM   1.800 HM   16 km   GPX Track

3 Kommentare

  1. Lieber Gottfried,
    Hochzinödl habe ich 2014 gemacht, als das Wetter für das Hochtor zu schlecht war. Jetzt bin ich froh, dass das damals nicht funktioniert hat, weil wir hatten geplant den Josefinensteig hinaufzugehen und den Schneelochsteig hinunter. Und das freie Abklettern der IIer Stellen am Schneelochsteig ist nicht unbedingt meine Sache!
    LG, Martin

  2. Anregende Beschreibung, eindrucksvolle Fotos, macht Lust auf Nachahmung. Wasserfallweg im Aufstieg gegangen aufs Hochzinödl.

    Gottfried

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