Hochvogel und Jubiläumsweg mit Hüttenübernachtung

Hochvogel. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Intensive Zweitagestour am nördlichen Allgäuer Hauptalpenkamm

Sehr lohnende und äußerst vielseitige Bergtour in den Allgäuer Alpen, die vom Genusswandern bis ins alpine Gelände reicht. Mit dem Hochvogel steht eine abwechslungsreiche Bergtour auf einen beeindruckenden Aussichtsberg auf dem Programm. Aber auch auf dem Jubiläumsweg kommt man aus dem Schauen nicht heraus, schließlich ergeben sich durch die zahlreichen Übergänge und Richtungsänderungen immer neue, tolle Blickwinkel.

Tag 1+1.600/-850 hm13 km7,5 h
Tag 2+950/-1.600 hm19 km8,5 h

Wir starten die Tour am bewirteten Giebelhaus im Ostrachtal, das für den Autoverkehr gesperrt ist. Vom Bahnhof Sonthofen erreicht man die Haltestelle “Hinterstein Giebelhaus, Bad Hindelang” mit Bus 48 bis Bad Hindelang Busbahnhof, von dort mit Bus 49 nach Hinterstein Grüner Hut und anschließend mit Bus 50 bis zur Endstation. Für letzteren Bus ist das Deutschlandticket nicht gültig, die Fahrt zum Giebelhaus kostet 6€ (Stand August 2024). Die Busse sind in der Regel aufeinander abgestimmt. Von München HBF ca. 3:15 h, Verbindung stündlich.

Tag 1: Über das Prinz-Luitpold-Haus auf den Hochvogel

Neben der umweltfreundlichen An- und Abreise, bieten Öffi-Touren die Möglichkeit, die Tourenplanung entspannt in der Bahn zu finalisieren. Wir sitzen also bequem im Zug nach Sonthofen, studieren nochmals genau die Karte und besprechen mögliche Varianten im Hinblick auf die Wetterprognose und die potentielle Gewittergefahr. Nachdem wir uns ein zweitägiges Programm zurechtgelegt haben, ruhen wir unsere Augen aus und holen etwas Schlaf nach. Schließlich muss man für den Hochvogel, der heute auf dem Plan steht, zeitig aufbrechen, will man ihn direkt am Tag der Anreise besteigen.

Etwas später spuckt uns der Bus am Giebelhaus aus und mit dem Schritt aus der Tür starten wir in die Tour. Den Schildern zum Prinz-Luitpold-Haus  folgend, gehen wir zunächst auf einer asphaltierten Straße das Bärgündeletal hinauf, bis wir nach einer guten halben Stunde kurz vor der Materialseilbahn links auf den Wanderweg abbiegen. Hier geht es zuerst durch einen Waldgürtel bergauf, der uns mit einem pittoresken Wasserfall überrascht.

Im Aufstieg zur Hütte passieren wir einen schönen Wasserfall. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Im Aufstieg zur Hütte passieren wir einen schönen Wasserfall. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Bald öffnet sich das Gelände wieder, wir passieren die Alpe Bärgündele und genießen im folgenden Wegverlauf den Ausblick in den Talschluss. Auf komfortablen Wanderwegen und zuletzt über ein größtenteils bewachsenes Schuttfeld, erreichen wir nach etwa 800 Höhenmetern das Prinz-Luitpold-Haus, das schon länger zu sehen ist.

Erste Etappe fast geschafft: Nur noch wenige Meter zum Prinz-Luitpold-Haus. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Erste Etappe fast geschafft: Nur noch wenige Meter zum Prinz-Luitpold-Haus. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Von der Hütte blicken wir ins Gelände der zweiten Etappe: Es wird alpiner. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Von der Hütte blicken wir ins Gelände der zweiten Etappe: Es wird alpiner. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Wir genehmigen uns ein schnelles Getränk, gehen aber bald die nächsten 800 Höhenmeter zum Gipfel an, die, verglichen mit dem Hüttenzustieg, in deutlich alpinerem und zunehmend felsigen Gelände bewältigt werden müssen. An einer Abzweigung entscheiden wir uns für den Aufstieg zum Hochvogel über die Kreuzspitze.

An diesem Wegweiser muss man sich entscheiden: Aufstieg via Kreuzspitze oder Balkenscharte? Wir wählen erstere Variante. Foto: Fabian Lindner, POW DE
An diesem Wegweiser muss man sich entscheiden: Aufstieg via Kreuzspitze oder Balkenscharte? Wir wählen erstere Variante. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Blick in die Balkenscharte: Hier werden wir später absteigen. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Blick in die Balkenscharte: Hier werden wir später absteigen. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Schweißtreibend geht es nun steil über eine große Schutthalde, jedoch überwiegend mit gutem Halt, zügig hinauf. Unterhalb der Kreuzspitze beginnt dann deren drahtseilgesicherte Überschreitung bzw. Umgehung, die wir in genussvoller Kraxelei bewältigen. Zum ersten Mal wird hier der Blick auf den mächtigen Hochvogel Felsstock frei: Ein gewaltiger Anblick, der uns Lust auf den weiteren Aufstieg macht.

Felsig aber versichert ist das letzte Stück hinauf Richtung Kreuzspitze. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Felsig aber versichert ist das letzte Stück hinauf Richtung Kreuzspitze. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Ist der Aufschwung an der Kreuzspitze geschafft, zeigt sich der Hochvogel in seiner vollen Pracht. Foto: Fabian Lindner
Ist der Aufschwung an der Kreuzspitze geschafft, zeigt sich der Hochvogel in seiner vollen Pracht. Foto: Fabian Lindner

Nach einem kurzen Abstieg endet der versicherte Steig in der Scharte zwischen Kreuzspitze und Hochvogel. Hier beginnt der Gipfelanstieg über 300 Höhenmeter durch rauhes Felsgelände mit einigen kurzen Kraxelstellen. Unsere Beine werden angesichts der vielen Höhenmeter langsam müde, bald aber erreichen wir den bemerkenswerten, weil im Zerfall befindlichen Gipfel: Wir blicken in eine große Spalte, die sich in den letzten Jahren verbreitert hat. Verschiedenste Messtechnik überwacht den Berg, um einen drohenden Felssturz möglichst frühzeitig zu erkennen. Der Bergsteig endet aber auf der sicheren Seite, auf der auch das Gipfelkreuz steht.

Im Bildvordergrund die sich auftuende Spalte am Gipfel – wir bleiben auf der sicheren Seite. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Im Bildvordergrund die sich auftuende Spalte am Gipfel – wir bleiben auf der sicheren Seite. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Heute bleibt leider nur kurz Zeit, das fantastische Panorama zu genießen, da Gewitter im weiteren Tagesverlauf nicht auszuschließen sind. Nach einer kurzen Rast inkl. Stärkung steigen wir deswegen schon wieder in die Scharte hinab und entscheiden uns dort für den weiteren Abstieg über den kalten Winkel. Der Name ist Programm, denn auch bis Mitte August hält sich hier (zumindest dieses Jahr) ein Altschneefeld, das wir aber mit unseren Grödeln problemlos meistern.

Das Altschneefeld im Kalten Winkel: Auch im August brauchen wir hier noch Grödel. Fotos: Fabian Lindner, POW DE

Es folgt eine Hangquerung zu einem drahtseilversicherten Übergang in das benachbarte Kar, das wir in kurzem Auf und Ab ebenfalls queren und in die Balkenscharte gelangen. Von dort steigen wir über eine Treppenanlage hinab und treffen im weiteren Wegverlauf bald wieder auf unsere Aufstiegsroute. Beschwingt von der abwechslungsreichen Rundtour ist der restliche Abstieg schnell erledigt und wir lassen den Abend entspannt und inkl.  Alpenglühen (die Gewitter sind heute ausgeblieben) auf der Hütte ausklingen.

Grund zum Anstoßen nach der erfolgreichen Tour: Zwei alkoholfreie Weißbier, bitte! Foto: Fabian Lindner, POW DE
Grund zum Anstoßen nach der erfolgreichen Tour: Zwei alkoholfreie Weißbier, bitte! Foto: Fabian Lindner, POW DE

Tag 2: Jubiläumsweg und Rauhhorn Überschreitung

Der nächste Morgen beginnt wolkenverhangen und wir starten früh, schließlich steht am Nachmittag wieder Gewittergefahr an – dieses Mal mit hoher Wahrscheinlichkeit. Zunächst geht es überwiegend durch Wiesenhänge auf die Bockkarscharte und jenseits wieder hinab, im Kontrast zum Aufstieg steil und durch felsiges Schuttgelände. Bald wird es aber wieder beschaulicher und es ergeben sich tolle frühmorgendliche Ausblicke über Blumenwiesen hinweg ins wilde Schwarzwassertal.

Morgendliches Wolkenspiel im Abstieg von der Bockkarscharte. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Morgendliches Wolkenspiel im Abstieg von der Bockkarscharte. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Die Route verläuft jetzt über einige Zeit ohne großen Höhenunterschied: Zuerst links herum um eine Kuppe über ein paar seilversicherte Stufen und lässt uns ein neues Panorama bestaunen. Der Jubiläumsweg lebt genau von diesen Richtungsänderungen sowie Übergängen: Immer wieder ergeben sich neue Blickwinkel, was die Tour äußerst abwechslungsreich macht. Schon geht es jetzt wieder in einer weiten Kurve rechtsherum und plötzlich entdecken wir die Hochvogel Südflanke wieder – mit den vorgelagerten Wiesenhängen ein traumhafter Anblick. In diesem Bereich quert der Steig einige Zeit den Hang und führt schließlich über ein schmales Felsband, bevor es erneut links herum in bisher uneinsehbares Gelände geht, das etwas zahmer und weniger schroff wirkt.

Da waren wir gestern wirklich oben? Traumhafter Blick auf den Hochvogel. Foto: Fabian Lindner, POW DE.
Da waren wir gestern wirklich oben? Traumhafter Blick auf den Hochvogel. Foto: Fabian Lindner, POW DE.
Größtenteils verläuft der Jubiläumsweg entlang von Wiesenhängen, unterhalb des Schänzlekopfs wird es kurz felsiger. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Größtenteils verläuft der Jubiläumsweg entlang von Wiesenhängen, unterhalb des Schänzlekopfs wird es kurz felsiger. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Wir wandern immer noch relativ flach weiter, nur zur Lahnerscharte, dem Übergang zum malerischen Schrecksee, geht es etwas bergauf. Nicht nur im Hinblick auf die Landschaft ändert sich hier abermals die Perspektive. Sind wir bisher nur wenigen anderen Wanderern und Wanderinnen begegnet, wird der Schrecksee von zahlreichen Ausflüglern sowie Kühen bevölkert. Wir steigen etwas Richtung See ab, queren den darüberliegenden Hang und suchen uns einen gemütlichen Platz für eine erste längere Pause, was angesichts des ausgetretenen und matschigen Weidegeländes gar nicht so einfach ist.

Gegenverkehr: Am Schrecksee tummeln sich nicht nur Ausflügler, sondern auch viele Kühe. Foto: Julian Leonhard
Gegenverkehr: Am Schrecksee tummeln sich nicht nur Ausflügler, sondern auch viele Kühe. Foto: Julian Leonhard

Wir nutzen die Rast auch, um nochmal die Wetterprognose und die Busabfahrtszeiten zu checken, bleiben aber bei unserem Plan, das Rauhhorn zu überschreiten, da wir gut in der Zeit liegen. Wir schnappen uns wieder die Rucksäcke und steigen in die Hintere Schafswanne auf, linkerhand ergeben sich dabei immer wieder schöne Blicke ins Hintersteiner Tal.

Im Aufstieg zur Hinteren Schafswanne. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Im Aufstieg zur Hinteren Schafswanne. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Wer die Rauhhorn Überschreitung (“Alpine Gefahren”) aussparen möchte, kann in der Hinteren Schafswanne direkt zum Vilsalpsee absteigen. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Wer die Rauhhorn Überschreitung (“Alpine Gefahren”) aussparen möchte, kann in der Hinteren Schafswanne direkt zum Vilsalpsee absteigen. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Zum Rauhhorn Gipfel erwarten uns von dort noch circa 300 fordernde Höhenmeter mit zahlreichen Kletterstellen bis zum II. Grad (oft auch einfacher), die sich mit vielen Gehpassagen abwechseln. Es bietet sich hier aber auch die Gelegenheit, das Rauhhorn auf dem Jubiläumsweg zu umgehen, indem man den Wegweisern zum Vilsalpsee folgt. Wir steigen jedoch bergauf und genießen das größtenteils weglose, aber gut markierte Gelände in leichter Kletterei zum Gipfel.

Auf der Rauhorn Überschreitung wechseln sich Kletterstellen (bis UIAA II) mit Gehgelände ab. Foto: Julian Leonhard

Nach einer kurzen Stärkung geht es auf der anderen Seite mit ein paar wenigen, ausgesetzten, aber drahtseilversicherten Stellen und bald wieder auf einem Wanderweg hinunter in einen Sattel. Der Vilsalpsee ist nun bereits sichtbar und wir steigen zuerst über einige Kehren und später durch Almgelände hinab, wo uns schließlich ein kurzer, harmloser Regenschauer erwischt — am Grat möchten wir jetzt allerdings nicht mehr stehen.

Links der Weg, rechts das Ziel: Abstieg zum Vilsalpsee. Foto: Fabian Lindner, POW DE
Links der Weg, rechts das Ziel: Abstieg zum Vilsalpsee. Foto: Fabian Lindner, POW DE

Unten an der bewirteten Vilsalpe ist aber zum Glück schon wieder alles vorbei und wir entscheiden uns für eine spontane, leckere Einkehr. Bevor der Bus fährt, kühlen wir uns noch im See ab und gönnen unseren Beinen eine Erfrischung, schließlich haben sie an den letzten beiden Tagen einiges geleistet. Müde und gleichzeitig berauscht von der Tour, steigen wir in den Bus und lassen uns ganz entspannt nach Hause chauffieren.

Unsere Beine haben einiges geleistet: Verdiente Erfrischung im Vilsalpsee. Foto: Julian Leonhard

Abreise

Von der Haltestelle “Tannheim in Tirol Vilsalpsee” regelmäßiger Bustransfer bis “Tannheim in Tirol Kreisverkehr” (Linie 121). Von dort in der Regel mit Bus 120 nach Reutte in Tirol. Weiter mit der Regional- bzw. S-Bahn nach Garmisch Partenkirchen und mit einem weiteren Umstieg zurück nach München. Die Verbindungen am späten Nachmittag dauern knappe 4 Stunden. Dabei hat man in Reutte einen etwa halbstündigen Aufenthalt, der sich mit einem kurzen Spaziergang zur Eisdiele im Ortszentrum äußerst angenehm gestalten lässt. Bis Reutte circa 10€, ab dort ist das Deutschlandticket gültig (sofern der Zielbahnhof in Deutschland liegt).

Achtung: Am Vilsalpsee ist die Bushaltestelle nicht wie in vielen Karten angegeben direkt am Gasthaus Vilsalpsee, sondern etwa 200 Meter weiter an der Straße Richtung Tannheim.

Varianten

Wem der Hochvogel am ersten Tag mit Anreise zu viel ist, kann den Gipfelanstieg zum Hochvogel weglassen. Auch so ergibt sich eine lohnende Rundtour, auf der sich die Gehzeit um ca. zwei Stunden verkürzt. Ein alternatives Gipfelziel im Bereich der Hütte ist der Wiedemer Kopf (2.163 Meter).

Am zweiten Tag kann man die Rauhhorn Überschreitung wie oben beschrieben auslassen, dem Jubiläumsweg ab der Hinteren Schafswanne zuerst weiter folgen und dann zum Vilsalpsee absteigen. Alternativ kann man das Rauhhorn auf dem Jubiläumsweg vollständig umgehen und über die Willersalpe nach Hinterstein absteigen. Diese Abstiegsvariante ist auch mit der Rauhhorn Überschreitung möglich. Der Abstieg nach Hinterstein dauert länger als zum Vilsalpsee, dafür ist die Heimfahrt dann ca. eine Stunde kürzer. Zusätzlich gibt es auch vom Schrecksee eine Abstiegsmöglichkeit nach Hinterstein.

Fazit

Zugegebenermaßen sind sowohl An- als auch Abreise relativ lang, dafür kommt man aber in den Genuss einer äußerst abwechslungsreichen und sehr lohnenden Tour. Von Genusswandern bis alpinem Kraxel- bzw. leichtem Klettergelände, beeindruckendem Gipfelpanorama, zünftiger Hütteneinkehr und Bademöglichkeit am Endpunkt der Tour ist hier alles dabei. Die technisch schwierigsten Stellen (UIAA II, T5 Bergsteig) lassen sich umgehen, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind dennoch Voraussetzung (einige T4 Abschnitte).

Für zwei Tage ein sportliches Programm, das stabiles Wetter voraussetzt. Wer mehr Zeit hat, für die oder den lohnt es sich eventuell, zwei Nächte auf der Hütte zu bleiben. So kann man den Hochvogel am Tag nach Anreise und Hüttenzustieg entspannt und ausgeschlafen vom Prinz-Luitpold-Haus angehen. Grödel sind für den Auf- oder Abstieg über den kalten Winkel je nach Jahreszeit dringend angeraten.

Tourdaten

Die Route in Zahlen:   2 Tage Wandern   2.550 HM   2.450 HM   32 km   GPX Track

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